SCHRÖDER DESIGN
Kreislaufwirtschaft und Nachhaltige Entwicklung
mit dem Industrieverein Sachsen zur Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025
Eine nachhaltige Zukunft ist in aller Munde und diese Thematik wird auch in Chemnitz großgeschrieben. Deshalb hat sich der Industrieverein Sachsen dazu entschlossen, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit als Alleinstellungsmerkmale der Stadt und Region herauszustellen. Im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 wurde daher vom Vorstandsmitglied Alexander Hoffmann ein Aktionsbündnis etabliert und es werden Beispiele gesucht, um für die Zukunft weiterentwickelt zu werden.
Im Anschluss an das Event hat er einen Experten auf dem Gebiet des Industriedesigns getroffen, um seine Meinung und Erfahrungen zu diesem Thema zu erfahren. Er hat sich mit Ruben Strahl darüber unterhalten, was Industriedesign mit Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gemeinsam hat und welche Rolle es in der Zukunft spielen wird.
Ruben Strahl ist bekannt für seine innovativen und nachhaltigen Designs und arbeitet seit Jahren mit Unternehmen in Sachsen zusammen. Bereits in seiner Masterarbeit beschäftigte er sich intensiv mit Kreislauf-Design. Er hat einen umfassenden Einblick in die Machbarkeit und Möglichkeiten, die sich auf dem Gebiet des Industriedesigns in Bezug auf Nachhaltigkeit ergeben.
Interview von Alexander Hoffmann mit Ruben Strahl zur Kreislaufwirtschaft
Als Industriedesigner ist einer deiner Schwerpunkte nachhaltiges Design –
Warum ist das Thema Nachhaltigkeit dir persönlich so wichtig?
Ich möchte verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen, einen positiven Fußabdruck hinterlassen und meinen Beitrag zur Schaffung einer nachhaltigen Zukunft leisten – deshalb nehme ich auch gerne an der Veranstaltung teil. Es ist mir wichtig, nicht den Anschluss zu verlieren und meine Arbeit auf dem neuesten Stand der Technik und Forschung zu halten. Gleichzeitig möchte ich mit meiner Arbeit auch für unsere Kinder und zukünftige Generationen eine lebenswerte Welt gestalten.
In welcher Weise beeinflusst Design die Nachhaltigkeit von Produkten?
Nachhaltigkeit beginnt meist lokal – jeder Mensch und jedes Unternehmen sollte seine Einflussmöglichkeit wahrnehmen um eine nachhaltigere Zukunft mitzugestalten.
Designerïnnen können gleichermaßen Verantwortung übernehmen. Wir haben den notwendigen Blick über den Tellerand und sollten frühzeitig in Entwicklungsprojekte einbezogen werden. Wir bedenken den Kontext hinter dem Produkt und begleiten den Produktlebenszyklus.
Interdisziplinäre und iterative Designprozesse erhöhen den positiven Einfluss auf die Produktbilanz enorm. An dem Spruch, dass das Design für 80% der Umweltauswirkungen verantwortlich ist ist etwas dran.
Wir können materielle und immaterialle Produkte ohne Komfortverlust gestalten – so dass die Produkte genutzt statt verbraucht werden. Dafür gestalten wir diese von Anfang an so, dass sie in ihre Kreisläufe zurückgeführt werden.
Du hast deinen Fokus in der Masterarbeit auf die Verpackung von Lebensmitteln gelegt – warum ist das so und welche Analogien siehst du zu anderen Wirtschaftszweigen?
Nahrungsmittelproduktion einer der größten Abfallverursacher. Kunststoffverpackungen verlieren mit der Entsorgung bis zu 95% ihres Wertes.
Verpackungen sind allgegenwärtig und werden meist nur einmal verwendet in der Pandemie verschärfte Hygienevorschriften stehen Mehrwegbehältern für Lebensmittel entgegen Langlebige Produkte werden für die Nutzer entwickelt, Verpackungen dagegen für die Produzenten der Waren.
Verpackungen sind nicht mein primärer Fokus. Wichtiger ist es Designerïnnen frühzeitig in den interdisziplinären Prozess der Produktentwicklung einzubeziehen.
Zirkuläres Design ist bereits allgegenwärtig und lässt sich an einem Beispiel verständlicher erläutern:
Ein produzierendes Unternehmen benötigt Maschinen für die Produktion. Der klassische Weg ist diese zu kaufen, was Verpflichtungen mit sich bringt: energieintensiver Betrieb, aufwendige Wartung und Pflege. Stell dir vor, dass der Produzent nun nicht mehr für die Maschine und alles was daran hängt, sondern für die Verfügbarkeit bzw. die erfolgreich produzierten Teile zahlt. Der Maschinenhersteller kennt seine Geräte besser, kann sie effizienter warten und in betrieb halten. Wir Designer können die Maschinen modularer gestalten – erhalten die Werte von Produkten, Modulen und Materielien und machen sie Uptdatefähig. Als Dienstleistung werden die meisten Produkte nicht nur länger und nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlicher genutzt.
In den allermeisten Fällen ist zirkuläres Design also eine Win-Win-Win-Situation für Unternehmen, Nutzer und die Umwelt.
Worauf basieren deine Aussagen in deiner Master-Arbeit? Hattest du Kooperationspartner?
Wissenschaftliche Erkenntnisse bilden die Basis der Arbeit. Neben umfangreichen Recherchen hatte ich auch enge Kooperation: Beispielsweise mit dem Umweltbundesamt. Conrad Dorer arbeitet hier zum Schwerpunkt nachhaltiger Konsum, Produkt und Dienstleistungen und koordiniert den europäischen Ecodesign Circel. Manuel Bickel vom Wuppertal Institut überprüfte die wissesnschaftliche plausibilität meiner Angaben.
Wichtige Erkenntnisse lieferten eigene experimentelle Studien zur Anwendbarkeit biologisch und technisch zirkulärer Materialien – z.B. entstand auch eine Verpackung die als Nudel gegessen werden kann.
Erfahrungsaustausch mit Praxispartnern gab es beispielsweise mit: reBowl, die Pfandsysteme für die Gastronomie entwickeln und Patrice Wolger von Leipspeis regionaler Bio-Lebensmittelhersteller.
Sind die Kosten für eine Entwicklung nachhaltiger Produkte nicht zu hoch? Welche Vorteile hat ein Unternehmen bei einer nachhaltigen Produktentwicklung?
Es ist verständlich, dass die Entwicklung nachhaltiger Produkte anfänglich höhere Kosten verursachen kann. Allerdings sollte man bedenken, dass sich der zirkuläre Designprozess langfristig mehr als rentiert. Bei der Entwicklung nachhaltiger Produkte wird nicht einfach ein neues Produkt entwickelt, sondern es wird eine konkrete Bedarfsbefriedigung angestrebt. Hierdurch können zusätzliche Geschäftsmodelle und Produktergänzungen entstehen, die das Unternehmen auf lange Sicht weiterbringen können.
Eine erfolgreiche nachhaltige Produktentwicklung kann für Unternehmen viele Vorteile bieten. Zusätzlich zu möglichen Produktergänzungen und Updatefähigkeit können Unternehmen durch zirkuläres Design auch die Wartung und den Erhalt ihrer Wertstoffe effektiver und kostengünstiger gestalten.
Durch nachhaltige Produktentwicklung werden Unternehmen bereits jetzt zukunftsfähig und sichern sich damit Anteile an den Märkten der Zukunft. Es ergeben sich auch zahlreiche Synergieeffekte mit Industriepartnern.
Marketing- und Kommunikationsvorteile sind ebenfalls zu erwarten, da eine nachhaltige Produktentwicklung eine positivere Wahrnehmung bei Kunden hervorrufen und Mitarbeiter zufriedener und gesünder machen kann. Durch innovative Geschäftsmodelle, wie „Product as a Service“, können Unternehmen langfristige Kundenbeziehungen aufbauen und Planungssicherheit erlangen, indem sie permanente Einnahmen anstelle von nur einmaligen Verkäufen erzielen.
Was sind deine Wünsche und Empfehlungen für eine verstärkte nachhaltige Unternehmenausrichtung?
Ich wünsche mir meine Expertise in diesem Bereich in jedem Designprojekt anwenden zu können. Ich bin bereit mehr Verantwortung für Produkte in Ihrem gesamten Lebenszyklus zu übernehmen. Dafür bedarf es langfristiger Kooperationen.
Die Potentiale für die Einhaltung der globalen und lokalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele müssen von noch mehr Politikern und Unternehmen erkannt und eingesetzt werden.
Ich empfehle im Produktentwicklungsprozess von Beginn an mit allen benötigten Spezialisten und Designern zusammenzuarbeiten, die sich der Tragweite der Entscheidungen bewusst sind. Es geht uns nicht nur um das Aussehen von Produkten, sondern darum wie gut und wie lange ein Produkt und seine Teile genutzt werden.
Danke für das erkenntnisreiche Gespräch. Ich denke, dass Du die sächsische Industrie mit deinen Mitarbeitern in Richtung Kreislaufwirtschaft gut unterstützen kannst.
Vielen Dank Alexander für die Einladung zur Kick-Off-Veranstaltung und das Interview zu diesem wichtigen Thema der konsequenten Kreislaufwirtschaft.
Mehr zum Thema unter: nachhaltige.designs.de
Alexander Hoffmann ist Geschäftsführer-Gesellschafter von ARC solutions und Vorstandsmitglied im Industrieverein Sachsen und dem Building 3D e.V.